Schichten der Scannertechnologie
- Merve Yurdakul
- Dennis Balzuweit
Einführung in die Thematik
Normalerweise ist man gewohnt, die Einstellungen für einen Scanner in dessen Treiber zu treffen. Aber schaut man sich die Einstellungen der Scanquelle an, wird man feststellen, dass schon mit dem Aufruf im Scanprogramm Einstellungen möglich sind, die mit dem Scanner offensichtlich gar nichts zu tun haben. An dieser Stelle muss man wissen, dass je nach installierten Softwarekomponenten mehrere Schichten existieren, welche übereinander liegend versuchen, ein optimales Scanergebnis zu erreichen. So bildet sich eine Kette, in denen sich teilweise Funktionen doppeln und eine definierte funktionale Abgrenzung des Begriffes Scanner-Treiber gar nicht so einfach ist. Im unangenehmsten Fall beeinflussen sich zudem identische Funktionalitäten dieser Schichten gegenseitig negativ.
Warum so viele Schichten?
Es ist erstaunlich, wie viele Schichten mit jeweils eigener Logik an einem vermeintlich einfachen Prozess beteiligt sind. Die Ursache ist einfach, dass Scanner-Hersteller ihre Funktionalitäten eher hardwarenah implementieren (typischerweise die Scanner-Hersteller) und Softwarehersteller wie etwa KOFAX, welche unterstützende Software anbieten, allgemein verfügbare Funktionen für die meisten Scanner-Modelle anbieten möchten.
Weil die jeweiligen Anbieter von Funktionen diese in ihrem Einflussbereich implementieren, kommt es oft dazu, dass diese in einer Scanner-Installation in verschiedenen technischen Ebenen mehrfach und zunächst unabhängig voneinander angeboten werden. Leider ist dann nicht ersichtlich, dass etwa für Bildbereinigungsverfahren nicht eine Funktion in einer Ebene greift, sondern unterschiedliche und unabhängige Verfahren in unterschiedlichen Ebenen angeboten werden. Man darf eben nicht vergessen, dass die Beteiligten Firmen an einer solchen Lösung Konkurrenten sind, welche gern ein Komplettset anbieten, um den Einsatz einer anderen Lösung als wenig attraktiv erscheinen zu lassen (etwa Perfect Page versus KOFAX VRS).
So kommt es oft kommt es vor, dass Optionen in allen technischen Ebenen aktiviert werden, um sicher zu stellen, dass sie greifen. Doppelt hält besser. So ist man dann verwundert, warum der Scan länger dauert als erwartet oder warum das Scan-Ergebnis unerwartet schlecht ist. Die Ursache ist viel zu oft, dass verschiedene technische Verfahren nacheinander dasselbe versuchen. So richtet etwa eine doppelt aktivierte Randverbesserung, Lochentfernung und Kontrastoptimierung den Beleg zugrunde, weil Verfahren doppelt durchgeführt werden. So etwa nutzen die Möglichkeiten innerhalb von VRS keine(!) Funktionen des Scanner-Treibers. Aber in einem in VRS leicht aufzurufenden Dialog kann man analoge Funktionen des Scanner-Treibers zusätzlich aktivieren. Die Arbeit erfolgt dann doppelt und es ist nicht ganz klar, wo die Ursache für das schlechte Ergebnis liegt. Statt einer Verbesserung führt so etwa die Konturverbesserung bei Buchstaben zu einem unansehnlichen kaum lesbaren Scanergebnis. Das Drama nimmt seinen Lauf in verschachtelten Dialogen unterschiedlichen Zugängen zu Einstellungen und führt am Ende zu einer schwer verständlichen Zuordnung der Verantwortlichkeiten.
Hinweis
Je tiefer man eine, in den beschriebenen Schichten zur Verfügung stehende Funktion findet, sollte man diese nutzen, entsprechende Funktionen höherer Schichten sollten deaktiviert bleiben.
Je tiefer eine Funktion liegt, umso mehr Informationen zur Bildoptimierung stehen bereit.
Hat etwa der Scanner in seiner Hardware schon eine Entrauschungsfunktion oder eine Lagekorrektur, ist das Ergebnis, da er ja mit den Rohdaten arbeitet, mit Sicherheit besser, als es eine noch so gute VRS-Funktion mit den erheblich reduzierten Bilddaten eines komprimierten Dateiformates liefern kann (Scan in 24 bzw. 32 Bit Farbtiefe 1200 DPI im Scanner, Beleg kommt u.U. dann in VRS nur noch in Schwarz-Weiß mit einer 1 Bit Farbtiefe 200 DPI an).
Der Scanner
Der Scanner erfasst den Beleg und legt die Qualität des erfassten Bildes grundlegend fest. Er ist der einzige in der Kette, welcher die Rohinformationen des gewonnenen Bildes für eine Bildoptimierung zur Verfügung hat. Durch Farbreduzierung, etwa durch Binarisierung stehen folgenden Bearbeitungsschritten deutlich weniger Informationen zur Verfügung. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, Bildoptimierungsverfahren in Scannern zu implementieren. Durch Graustufenkonvertierung verlorene Pixel in einem Schwarz-Weiß-Bild lassen sich nicht wieder herstellen. Um, etwa bei Hochleistungsscannern, die Menge der zu übertragenden Daten zu reduzieren, werden die Images schon im Scanner, spätestens im treibernahen Umfeld am PC in ein Schwarz-Weiß-Image konvertiert.
Allerdings muss man auch wissen, dass hier allgemein wiederkehrende Standards die Ausnahme sind. Die Scanner-Hersteller müssen sich hier nicht an Vorgaben halten. Die Spielarten, wo nun genau eine herstellerspezifische Funktion implementiert ist, sind sehr verschieden. Diese kann im Scanner, aber auch schon in der Treiberumgebung am PC implementiert sein. Einfluss kann die darüber liegende Software nur nehmen, wenn diese Funktion durch ein Setup am Client zugänglich ist.